Lanzarote ist die nordöstlichste der sieben kanarischen Inseln und auch im Oktober noch traumhaft sonnig! So zumindest bei meinem letzten Trip, um vor Einbruch der Winterzeit noch schnell eine letzte Portion Energie für die kommende dunkle Jahreszeit zu tanken.
Dabei wollte ich neben dem reichhaltigen Angebot an gängigen Bars, Restaurants und Ausflugszielen auch ein paar neue Ecken entdecken und echte, einheimische Insidertipps aufspüren.
Gesagt, getan: Nach meiner Ankunft in Playa Blanca («Weisser Strand»), dem touristischen Zentrum im Süden der Insel, ging ich sofort auf Entdeckungstour. Schon ein paar Schritte weiter, am Ende der Einkaufsstrasse, konnte das ehemalige Fischerdorf mit einer kulinarischen Überraschung überzeugen: Im kleinen Restaurant Ninen Lanzarote werden hungrigen Gästen zwar keine typisch spanischen Tapas aufgetischt, dafür werden sie mit hausgemachter Pasta, einem herrlichen Ausblick auf den Hafen und einem sehr herzlichen, jungen Team entschädigt, das auf Anfrage auch gern ein paar Geheimtipps preisgibt. Denn ich hatte mir diesmal extra vorgenommen, auch ein paar Ziele zu erkunden, bei denen man sich abseits der gelernten Spanisch-Brocken im Zweifelsfall auch mal mit Händen und Füssen verständigen muss. Davon versprach ich mir einen möglichst authentischen Eindruck des Insellebens zu gewinnen und vielleicht sogar, für kurze Zeit, ein bisschen mit dazu zu gehören. Was soll ich sagen: Die beiden netten Restaurantbesitzer verstanden sofort, worauf es mir ankam, und hatten fantastische Empfehlungen auf Lager.
Schnell wurde klar, dass meine Tour in eine kleine Hotspot-Schnitzeljagd vom Norden der Insel bis in den Süden ausarten würde – perfekt für Abenteurer wie mich! Im gemieteten Seat Ibiza waren ungewöhnliche Abstecher kein Problem … bis auf die unweigerliche Suche nach dem eigenen Wagen, sobald ich wieder am Parkplatz stand: Der kleine weisse Flitzer scheint hier einfach sehr beliebt zu sein. Auf meinem buntgemischten Programm: eine Vulkan-Tour, ein Surfer-Hotspot, der schönste Strand der Insel, ein Marktbummel und eine klassische spanische Tapas-Bar. Und natürlich ein Abstecher per Fähre auf die kleinste kanarische Insel – La Graciosa.
Am ersten Tag blieb der Wagen allerdings erst einmal stehen. Ich wollte einfach so weit gehen, wie mich meine Füsse tragen. Wie und wo wohnt man hier eigentlich, wenn man nicht gerade Ferien macht? Wohin führen die ganzen Gassen abseits der üblichen Promenaden? Als Tagesziel hatte ich mir eine Wanderung zum Krater von Montana de Roja gesetzt – ohne genaue Kenntnis der Landschaft. Also marschierte ich einfach los, immer weiter und weiter – bis mich am Ende zwar kein Krater, aber dafür eine geballte Ladung Natur, Meer und Vulkanlandschaft belohnte. Und natürlich die vielen wunderschönen Häuschen mit riesigen Grundstücken, eingebettet in eine auf den ersten Blick triste, dann aber natürlich-faszinierende Umgebung: Eine Landschaft, die sich ständig neu erfindet. Den Abend ließ ich bei echten spanischen Tapas-Variationen im El Peregrino ausklingen. Der Laden ist bei Einheimischen zu Recht beliebt und die Atmosphäre entsprechend temperamentvoll. Genauso hatte ich es mir hier vorgestellt!
Neuer Tag, neues Ziel: Statt Vulkanfeuer lockte diesmal die geballte Kraft des Wassers mit den Buchten von Los Hervideros, die durch das ständige Aufprallen des Wassers ihre spektakuläre Form erhalten. Am besten erlebt man das bizarre Schauspiel zur Mittagszeit, wenn die Sonne auf dem Meer glitzert, die Strömung am stärksten ist und die Gischt in voller Pracht erstrahlt. Wahnsinnige, fast schon einschüchternde Eindrücke. Die lange Küstenstrasse von Janubio, die sich bis nach El Golfo zieht, durchschneidet ungenutzte Ländereien, die einer Wüste oder Mondlandschaft gleichen. Ab und zu zeigen sich im Lavageröll allerdings auch kleine grüne Oasen mit traditionellem Aloe-Vera-Anbau. Fast schon geradlinig-geometrisch wirken dagegen die aufgereihten Häuser mit vereinzelten Palmen und erstaunlich wenig Katzen, die sonst so gern mediterrane Gefilde unsicher machen. Umso mehr Fisch für mich! dachte ich mir beim Ansteuern des besten Restaurants im Fischerdorf, immer wieder überwältigt vom wunderschönen Meerespanorama, das die Küstenstrasse begleitet.
Nun wurde es langsam Zeit, das Wasser nicht nur mit Augen und Ohren zu geniessen – ein Strandtag musste her, um den Atlantik zu spüren. An der Costa de Papagaya warten kleine, naturbelassene Buchten zum Ausspannen, die auch von den Einheimischen geliebt werden, während mittelhohe Wellen ausreichend Schwimm- und Badespass garantieren. Anschliessend startete ich meinen zweiten Vulkananlauf, um mehr über diese einzigartige Landschaftsform zu erfahren. Im atemberaubenden Timanfaya-Nationalpark ist man per geführter Bustour hautnah dabei: Man glaubt fast, das Brodeln des Vulkans zu hören, doch der letzte Ausbruch liegt schon ein gutes Jahrhundert zurück. Die Geschichten und Erlebnisse, allerdings, bleiben – und hallen noch lange nach.
Sonntags findet das Inselleben auf dem Teguise-Markt statt. Die dortige Mischung aus Klimbim, leckeren Speisen und viel Unterhaltung ist zwar kein Geheimtipp, aber ein gutes Kontrastprogramm zu den eher verlassenen Orten, die ich bisher angesteuert hatte. Die Energie hier erinnert etwas an den Londoner Portobello Market und lädt zum Schlendern und Probieren ein. Fehlt nur noch Sport im Programm: Da ich selbst keine leidenschaftliche Surferin bin, habe ich die Wellenreiter am Surfhotspot Famara vom Rand aus angefeuert und wurde mit tollen Impressionen belohnt.
Obwohl es die letzten Tage meines Trips waren, konnte ich den Ausflug zur kleinen Insel La Graciosa, die vom Nordzipfel Lanzarotes in etwa 30 Minuten per Fähre von Orzola erreicht werden kann, kaum erwarten. Ich stand extra früh auf, um die touristisch noch relativ unerschlossene und weitgehend autofreie Insel im Sonnenaufgang zu erleben. La Graciosa besteht eigentlich aus einem Dorfkern am Hafen, von dem viele kleine Rad- und Wanderwege abgehen. Um möglichst viel von dieser wunderschönen, sandbedeckten Landschaft zu sehen und um mir zunächst einen Überblick zu verschaffen, entschied ich mich für eine Jeep-Safari. Erster Stopp war der wohl breiteste Sandstrand, den ich bisher gesehen habe, der fast menschenleere Playa las Conchas, der allerdings eher zum Staunen als zum Baden einlud, gefolgt vom einladenden Playa Francesca. Hier entschloss ich mich zu einer kleinen Wanderung zu weiteren Buchten und Stränden, bis ich es einfach nicht mehr aushielt – und mich am Playa Concina direkt in den Atlantik stürzte, der zu dieser Zeit noch eine angenehme Temperatur aufweist. Gleichzeitig ist La Graciosa keine typische, touristisch erschlossene Kanareninsel – man muss sich schon unters Volk mischen und seinen eigenen Weg suchen. Und so beschloss ich am zweiten Tag meines Aufenthalts zunächst durch die unberührte Natur zu marschieren, um noch einmal die Ruhe und Einsamkeit hier zu geniessen. Vollkommen entspannt kehrte ich am Abend zum Abschluss in einem kleinen Restaurant am Hafen ein und nahm allmählich Abschied von dieser herrlichen Zeit auf den Kanaren.
Die Mischung macht’s – und Lanzarote hat den perfekten Mix aus Entspannung und Entdeckung parat. Grossartiges Klima, abwechslungsreiche Aktivitäten, genügend Rückzugsmöglichkeiten… und immer etwas Meeresrauschen im Ohr, während das Zusammenspiel aus schimmernden Bergen und strahlend weißen Häusern vor dem inneren Auge nachklingt. Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen: Es gibt noch so viel zu entdecken!
Fotos: Florian Reimann