Wie es ist, über den Wolken zu arbeiten? Nadia, Marketing Managerin bei DER Touristik Suisse, tauschte für drei Tage den Schreibtisch gegen eine Flugzeugkabine und servierte auf einer Flughöhe von 12’500 Metern den SWISS-Passagieren in der Boeing 777 von Zürich nach Hongkong die Mahlzeiten. Ein Erfahrungsbericht.
Voller Vorfreude und etwas aufgeregt begebe ich mich in den Briefingraum im Operation Center 1 am Zürich Flughafen. Dieser Anblick ist mir zwar neu und doch scheint er mir so vertraut zu sein: Ein Dutzend Frauen und Männer, allesamt gepflegt, lächelnd und in der SWISS-Uniform. Die Frisuren sitzen, der Lippenstift bei den Frauen ist perfekt aufgetragen und die Fingernägel stimmen farblich mit den Lippen überein. Eine entspannte, fröhliche Stimmung ist hier im Raum – wäre ich nicht aus der Dunkelheit draussen hierhin gekommen, würde ich nicht ahnen, dass es bereits nach 21.00 Uhr ist. Die SWISS-Crew begrüsst mich herzlich und tauscht sich untereinander aus. Da stelle ich fest, auch die Crew- Mitglieder kennen sich noch nicht.Dann geht es los – Fabien, unser Maître de Cabine, begrüsst die Crew und schliesst sein Tablet gleich an den Fernseher an. Verschiedene Szenarien werden darin gezeigt, worauf ein Austausch zu den Sicherheitsmassnahmen an Bord und die Zuteilung der Arbeitspositionen folgt. Wenige Minuten später stossen der Kapitän und die beiden Co-Piloten dazu, stellen die Flugroute vor und teilen uns die Flugzeit sowie die Wetterlage in Hongkong mit.
90 Minuten später starten wir. Ich, ähnlich gekleidet wie die SWISS Flight-Attendants, mit hochgestecktem Haar und roten Lippen und Fingernägeln, atme noch einmal tief ein und aus und höre, wie sich die Maschine in Bewegung setzt. Jetzt geht für mich ein Mädchentraum in Erfüllung.Sobald wir unsere Flughöhe erreicht haben, versammle ich mich gemeinsam mit sechs weiteren Flight Attendants in der Küche der Economy Class im hintersten Teil des Flugzeuges. Die Flugzeugtrolleys mit den Getränken werden aus den Schränken gefahren, und kurze Zeit später frage ich die Passagiere Reihe für Reihe, was sie gerne trinken möchten. Oftmals schenken sie mir ein Lächeln, und spätestens jetzt verfliegt meine Nervosität vollkommen – und es macht mir richtig Spass. Bei Langstreckenflügen ruhen sich auch Flight Attendants im Drei- Stunden-Takt aus. Hierfür stehen ihnen im hinteren Bereich der Boeing 777 acht Betten zur Verfügung. Die einen haben das Pyjama dabei, andere ziehen bloss das Gilet aus und legen sich samt Uniform hin.
In Gesprächen mit einzelnen Crew-Mitgliedern lerne ich in den nächsten Tagen mehr über ihre Werdegänge, ihre Privatleben und ihre Motivation, über den Wolken zu arbeiten. Jede Flight Attendant wird für maximal drei Flugzeugtypen geschult. So kann den Passagieren stets beste Sicherheit und höchster Komfort gewährleistet werden. Der Grossteil der Flight Attendants in der Economy Class ist in ihren Zwanzigern und hat eine erste Ausbildung abgeschlossen. Sie erfüllen sich einen Traum und können sich heute noch nicht vorstellen, diesen Job gegen eine Arbeitstätigkeit am Boden zu tauschen. Es ist nicht nur das Jetsetter-Leben und die Möglichkeit, die Welt zu entdecken, nein, es sind auch die freundschaftliche Zusammenarbeit und die verschiedenen aufeinandertreffenden Persönlichkeiten, die diesen Job ausmachen. Von vielen langjährigen Crew-Mitgliedern erfahre ich, dass aus den zwei Jahren, die sie sich ursprünglich für diesen Job vorgenommen hatten, heute bereits 8, 20 oder sogar 35 Jahren geworden sind.
In der asiatischen Metropole angekommen, steht am Flughafen ein Car bereit, der uns alle ins Zentrum von Hongkong Island befördert. Wir checken gegen Abend im Hotel ein, und Martin, unser Kapitän, ruft in die Runde, dass diejenigen, die möchten, sich in der Lobbybar für einen Apéro treffen kännen. Viele willigen ein und verschwinden bald in ihren Hotelzimmern, um sich kurz hinzulegen oder frisch zu machen. 45 Minuten später erkenne ich die meisten der Crew-Mitglieder fast nicht mehr: Die Frauen tragen das Haar jetzt offen, sie kommen in schönen Kleidern oder Hosen und die Männer in T-Shirts oder lässigen Hemden. Gemeinsam stossen wir an, und die Atmosphäre ist äusserst entspannt.
Bald ziehen wir weiter in die Wooloo Mooloo Bar im 31. Stockwerk, eine von Hongkongs zahlreichen Rooftop-Bars. Dort gucke ich zur SWISS-Crew an den Tischen rüber, und der Anblick der sich unterhaltenden und lachenden Personen erscheint mir wie eine Gruppe von Freunden in allen Alterskategorien. Danach brechen wir auf in Richtung Lan Kwai Fong, und tauchen in das Nachtleben Hongkongs ein, wo wir den Abend zusammen bei rhythmischen Klängen ausklingen lassen.
Pünktlich um 11.00 Uhr versammeln wir uns am nächsten Mittag gemeinsam mit vielen der Besatzungsmitglieder in der Hotellobby. Gut ausgerüstet mit Rucksack, Turnschuhen sowie Wasserflaschen und Snacks machen wir uns auf den Weg zum Dragon’s Back. Wir gehen wandern – bei einer Temperatur von 32 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 79 Prozent! Die Crew kennt offensichtlich keine Grenzen, und so marschieren wir während dreier Stunden auf die Hügel Hongkongs. Jeder unterhält sich mit jedem. Pascale möchte mehr über mein abgeschlossenes Studium wissen. Hans erzählt mir von seiner Tochter, die gerade ihren Geburtstag gefeiert hat, während Ronny uns galant überholt.
Am Abend fahre ich zuerst auf der bekannten Star Ferry nach Kowloon rüber, um den Temple Street Night Market zu besuchen. Anschliessend haben wir im kleineren Kreis im Restaurant Ho Lee Fook zum Essen abgemacht, und später stossen unser Kapitän Martin und der First Class Flight Attendant Hans dazu. Gemeinsam ziehen wir durch die Strassen und ich merke, dass sie sich in dieser Weltmetropole bestimmt schon fast so gut auskennen wie in ihrem Heimatort. Sie lieben diese Stadt, und Hans ist sich schon fast sicher, dass er für seinen letzten Flug als Flight Attendant im Januar 2020, also vor seiner Pensionierung, nach Hongkong möchte.
Nach dem Frühstück am nächsten Morgen begebe ich mich noch ein letztes Mal auf Hongkongs Strassen. Die Crew-Mitglieder sind heute alle in kleineren Gruppen oder alleine unterwegs. Die einen treffen hier lebende Freunde, andere gehen privaten Terminen nach oder verbringen Zeit für sich. Ich meinerseits gönne mir mit zwei weiteren Teamkolleginnen eine Fussmassage, bevor es durch die Stadt und mit dem historischen Tram auf den Viktoria Peak geht. Die Aussicht ist überwältigend, und ich lasse die letzten zwei Tage nochmals Revue passieren. Es ist ein Leben, an das ich mich gewöhnen könnte. Ja, ich wäre viel unterwegs und könnte nicht alle Beziehungen zu Hause pflegen. Aber bei all diesen Reisen, Begegnungen und Erlebnissen wäre es mir das wert – wenn auch nur mal für zwei Jahre.
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Text: Nadia Peter
Fotos: Dardan Demaj
Erstveröffentlichung: 05. November 2018